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Das historische Rathaus von Krempe

Das Kremper Rathaus zählt zu den bedeutendsten Gebäuden der Renaissance in Schleswig-Holstein. Es wurde 1570 in einer wirtschaftlichen Blütezeit erbaut, als Marcus Jordanus (bedeutender Kartograf des dänischen Reichs) über 20 Jahre Bürgermeister seiner Heimatstadt Krempe war. Die südliche Giebelfront besteht aus massiven Backsteinen und ist als Schauseite dem Marktplatz zugewandt. Formziegel verzieren die Fensteröffnungen.

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Hinter den Buntglas-Fenstern im ersten Stock befinden sich das ehemalige Gerichtszimmer und der Sitzungssaal. Das Gebäude hatte ursprünglich einen Stufengiebel. Dieser wurde 1784 im Zuge einer Renovierung abgeschrägt. Ein schlanker Dachreiter mit geschwungener Haube, mit "Tinnappel" und Wetterfahne betont seitdem den repräsentativen Charakter des Baus. Der Eingang zum Ratskeller wurde damals zugemauert und durch die barocke Eingangstür ersetzt.

 1908 wurde er wiederentdeckt und durch die Nische mit Sandsteinbank markiert. Die Rückwand grenzte hart an das Ufer der Kremper Au (heute verrohrt). Durch das rückwärtige Tor konnten Handelsschiffe ihre Waren direkt in die Lagerhalle des Erdgeschosses entladen. Eine Seilrolle erinnert daran. Das Rathaus war bis 2003 Sitz der Stadtverwaltung. Das Erdgeschoß wird durch den Restaurantbetrieb des "Ratskellers" genutzt. Viele Hochzeitspaare haben sich im würdevollen Ambiente dieses besonderen Gebäudes schon das Ja-Wort gegeben.

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Marcus Jordanus

(latinisierte Form von "Marcus Jordan") wurde als Sohn einer eingesessenen vermögenden Kremper Familie geboren. Er studierte in Kopenhagen und wurde dort 1550 zum Professor für Mathematik ernannt und vom dänischen König mit Kartierungen beauftragt. 1552 fertigte er eine Karte des Dänischen Reichs, die auch zur Grundlage der Karte in Braun-Hogenbergs Städtebuch wurde. Die abgebildete Karte der Herzogtümer Schleswig und Holstein (kolorierter Kupferstich von 1579) stammt aus dem "Theatrum Orbis Terrarum" des Antwerpener Kartografen Abraham Ortelius und wurde nach einer Karte gestaltet, die Jordanus in einen kreisförmigen Kalender für die Jahre 1558 - 1585 hineinkomponiert hatte. Die Karte wurde aus dem historischen Atlas "Schleswig-Holstein - eine Landesgeschichte" von Christian Degn, Wachholtz-Verlag, Neumünster entnommen. Jordanus schrieb auch eine Kremper Chronik. Erhalten ist ebenfalls von ihm u.a. ein in lateinischer Sprache abgefasster Briefwechsel mit Heinrich Rantzau, in dem er diesem u.a. die Gezeiten der Nordsee erläutert.

Gerichtsstube

Im ersten Stock befindet sich das ehemalige Gerichtszimmer. Da Krempe durch die Stadtrechtsverleihung auch eine eigene Rechtsprechung ausüben durfte, tagte hier der Rat, um gegen Sünder peinliche Strafen und Brüche (Geldstrafe) zu verhängen und um strittige Fälle zu entscheiden.Das Gerichtszimmer wurde auf vielfachen Wunsch aus der Bevölkerung zum Trauungszimmer umgerüstet. Viele antiquarische Erinnerungsstücke aus vergangener Zeit schmücken den Raum. Besonders sehenswert sind die Glasfenster, der Leuchter, der Kamin und die Eingangstür mit dem "Wilden Mann". Während die erstgenannten Sehenswürdigkeiten aus der Renovierungszeit von 1908 stammen, weist die Jahreszahl 1570 den Ursprung der Tür in die Gründungszeit des Gebäudes. Der Wilde Mann schmückt schon seit der Fertigstellung des Kremper Rathauses im Jahre 1570 die Tür der ehemaligen Gerichtsstube. In der damaligen Zeit war es allgemein eine Mode, solche wilden, meist nur leicht beschürzten Gestalten zur Schau zu stellen. Die seit Christopher Columbus zunehmenden Entdeckungen in der neuen Welt brachten viele Berichte über bisher unbekannte Völker und ihre Sitten zutage. Zwar fühlte man sich diesen originären Völkern überlegen, bewunderte jedoch gleichzeitig ihre ungezügelte Natürlichkeit und ihre strotzenden Kräfte.

Sitzungssaal

Der Sitzungssaal des Rathauses befindet sich im ersten Stock des Rathauses. Von alters her diente er als Versammlungsraum für politische Versammlungen und für familiäre Festlichkeiten. - Heute tagt hier die Ratsversammlung der Stadt und ihre usschüsse; hierhin laden Bürgermeister und Bürgervorsteher die Bürger von Krempe alljährlich zum Neujahrsempfang. Auch Familienfeiern können arrangiert werden. Die Buntglasfenster sind bleiverglast und stellen Insignien des Landes Schleswig-Holstein und des damaligen Deutschen Kaiserreichs dar. Es handelt sich um Spenden anlässlich der Restaurierung von 1908. Auffällig sind die beachtlichen Balkenstärken des Fachwerks und der Deckenkonstruktion. Die Wandmalereien wurden im Zuge der Renovierung von 1908 hergestellt, wobei einige Wandgemälde auch älteren Ursprungs sind und restauriert wurden. Vor allem die Akanthus-Blatt-Verzierungen sind aus historischen Befunden entwickelt worden. Die Festungsansicht ist die historisierende Nachbildung des originalen Stichs der Kremper Festung aus dem Jahre 1588. Er war damals bei einem unbekannten Meister von Heinrich Rantzau in Auftrag gegeben worden und wurde in Braun-Hogenbergs Städtebuch veröffentlicht. Es zeigt die Wehranlage mit Blick auf das Neuenbrooker Tor. Hervorgehobene Bauwerke sind die Kirche und das damals noch neue Rathaus (Curia). Die jeweils an den Seiten abgebildeten Gestalten sind vom Maler 1908 hinzugefügt worden. Die rechtsseitige Darstellung zeigt den Statthalter Johann Rantzau, der den Bau der Festungsanlage im Auftrag von König Christian III. leitete. Die Jahreszahl 1535 bezeichnet den Baubeginn. Damals steckte der König persönlich die Lage von Wall und Graben ab.. Schon von alters her wurde der Sitzungssaal auch für Familienfeiern aller Art genutzt. So ist es noch heute . In Verbindung mit der Gastronomie des Rathauses können hier private Feiern arrangiert werden. Wenn Sie eins der Bildchen anklicken, erhalten Sie eine große Abbildung desselben

"Sta dar buten, ick sla di up de Snuten" gebietet der Keule schwingende Wilde bei geöffneter Tür dem Volke, das der Gerichtsverhandlung vom Flur aus beiwohnen darf. Er soll die Ungestörtheit des öffentlichen Gerichts-Verfahrens anmahnen.